1 January 2013

Ist der Kater zeitgemäß?

"All it comes down to is this: I feel like shit but look great.", stellt Patrick Batemen fest, als er nach einer durchzechten Nacht in einer Konferenz sitzt. Wenn man einem Nivea-Werbespot Glauben schenken darf, scheint es heutzutage vielen Angestellten so zu gehen. "Frisch aussehen, egal wie lang der Abend war", heißt es vielversprechend. Der Kater wird weggecremt und somit auch eine wichtige Erfahrung. Denn ein Kater entschleunigt. Ein Kater entkoppelt Geist und Körper vom Alltag. Ein Kater schärft alle Sinne auf unbekannte Weise. Alles wird neu erfahren: der Kaffee, das Brötchen, die Fasern der Decke, der Sound zu Radios, der Geruch des Anderen. Vorrausetzung ist, dass man sich ohne Scham und ohne schlechtes Gewissen dem Sein hingibt und den Kater zelebriert: mit Tee, schlechten oder guten Filmen, Erinnerungen, Gesprächen, einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Eine positive Einstellung zum Kater predigt auch Tom Hodgkinson in "Anleitung zum Müßiggang". So kommt er zu dem Schluss: "Wie bei allen Aspekten des Müßiggangs sollten wir uns dem Druck setzen, alles in unserem Leben abzulehnen, was nicht in das Paradigma des Produktiven, Vernünftigen und Arbeitssamen passt, das die Gesellschaft und wir selbst uns aufdrängen. Richtig leben zu lernen kann einschließen, dass wir lernen, den Kater zu lieben."